Vera Novelli Journalistin - Autorin
Der Schreibtisch
Sie konnte sich nicht erinnern, jemals so aufgeregt gewesen zu sein. Die kalten Hände, das Kribbeln im Bauch, der Druck im Kopf, ein furchtbares Gefühl, ja fast ein Schmerz, den sie jetzt schmachtend genoss; bald, bald, ja heute würde er endlich kommen:
der Schreibtisch ...
Sie konnte sich nicht erinnern, jemals so aufgeregt gewesen zu sein. Die kalten Hände, das Kribbeln im Bauch, der Druck im Kopf, ein furchtbares Gefühl, ja fast ein Schmerz, den sie jetzt schmachtend genoss; bald, bald, ja heute würde er endlich kommen:
der Schreibtisch ...
Schonzeit
Elsbeths adliges Näschen witterte es sofort, als sie das Büro betrat. Wie sie diesen Geruch haßte. Ein Ekel erregender Dunst, dilettantisch mit einem billigen Raumspray übertüncht, kroch ihr entgegen und erinnerte sie an Lothar. Ohne eine Sekunde zu überlegen, griff sie in die oberste Schublade des Schreibtisches, ganz hinten links, und ertastete ein paar rauhe Zigarren. Langsam und ohne hinzusehen zerkrümelte sie eine davon und ließ die Überreste auf den flauschigen Teppichboden fallen. Zigarren, was vvar doch Lothar für ein willenloser Schwächling ...
Elsbeths adliges Näschen witterte es sofort, als sie das Büro betrat. Wie sie diesen Geruch haßte. Ein Ekel erregender Dunst, dilettantisch mit einem billigen Raumspray übertüncht, kroch ihr entgegen und erinnerte sie an Lothar. Ohne eine Sekunde zu überlegen, griff sie in die oberste Schublade des Schreibtisches, ganz hinten links, und ertastete ein paar rauhe Zigarren. Langsam und ohne hinzusehen zerkrümelte sie eine davon und ließ die Überreste auf den flauschigen Teppichboden fallen. Zigarren, was vvar doch Lothar für ein willenloser Schwächling ...
Land Sonnenschein
Wir wohnen alle in einem großen grauen Haus. Es ist ein sehr altes Haus, eins,das noch aus dem Krieg übrig geblieben ist. Und es hat keinen Aufzug. Es wohnen hier viele Leute, Familien mit Kindern und alte Leute mit Hunden, aber mit den meisten habe ich wenig zu tun. Sebastian ist mein bester Freund. Er wohnt über uns. Mit ihm ist das so 'ne Sache; wir haben nämlich ein Geheimnis...
Wir wohnen alle in einem großen grauen Haus. Es ist ein sehr altes Haus, eins,das noch aus dem Krieg übrig geblieben ist. Und es hat keinen Aufzug. Es wohnen hier viele Leute, Familien mit Kindern und alte Leute mit Hunden, aber mit den meisten habe ich wenig zu tun. Sebastian ist mein bester Freund. Er wohnt über uns. Mit ihm ist das so 'ne Sache; wir haben nämlich ein Geheimnis...
Ohne Illusionen
Nicole ist stolz auf ihren Bruder Oliver. Als Oliver unheilbar krank wird, stellt Nicole fest, dass ihr Bruder ganz anders ist, als sie immer dachte und ihn sehen wollte. Eine scheinbar heile Welt stürzt ein...
Nicole ist stolz auf ihren Bruder Oliver. Als Oliver unheilbar krank wird, stellt Nicole fest, dass ihr Bruder ganz anders ist, als sie immer dachte und ihn sehen wollte. Eine scheinbar heile Welt stürzt ein...
Der Froschkönig
Die Reise in den Süden war Reginas Idee gewesen. Zwei Wochen Sonne und Mittelmeerromantik sollten das Ihrige tun, um wieder Leben in die erstarrte Beziehung zu bringen. Aber es kam ganz anders...
Die Reise in den Süden war Reginas Idee gewesen. Zwei Wochen Sonne und Mittelmeerromantik sollten das Ihrige tun, um wieder Leben in die erstarrte Beziehung zu bringen. Aber es kam ganz anders...
Zug in die Vergangenheit
Frank sah träge durch beschlagene Scheiben. Zwischen unzähligen Rinnsalen, die im Zeitlupentempo über die Scheibe krochen, schob sich eine müde graubraungrüne Landschaft vorbei. Die Sonne hatte sich schon längst verabschiedet, doch die grellen Lampen im Zugabteil waren noch nicht an. Das halbleere Abteil war in ein viel traurigeres Grau getaucht als die Natur da draußen. Es war ein regnerischer Novemberfreitag, als Frank ,,nach Hause" fuhr. Doch da, wohin ihn nun der Zug brachte, da hatte er sich nie zu Hause gefühlt...
Frank sah träge durch beschlagene Scheiben. Zwischen unzähligen Rinnsalen, die im Zeitlupentempo über die Scheibe krochen, schob sich eine müde graubraungrüne Landschaft vorbei. Die Sonne hatte sich schon längst verabschiedet, doch die grellen Lampen im Zugabteil waren noch nicht an. Das halbleere Abteil war in ein viel traurigeres Grau getaucht als die Natur da draußen. Es war ein regnerischer Novemberfreitag, als Frank ,,nach Hause" fuhr. Doch da, wohin ihn nun der Zug brachte, da hatte er sich nie zu Hause gefühlt...
Heimfahrt
,,Kasse stimmt, Feierabend!" rief Dieter seinem Kollegen zu, der gerade die letzte Tomatenkiste reingetragen hatte und die Ladentür zufallen ließ. ,,Puh, diese Kistenschlepperei bekommt meinem Kreuz nicht." ,,Na, komm, komm, es fällt dir schon kein Zacken aus der Krone, wenn du mal ein paar Kisten reinträgst. Sparst Geld fürs Fitneßcenter", ulkte Dieter in fröhlicher Feierabendlaune und zog den weißen Kittel aus. Der Supermarkt wirkte im grellen Neonlicht am Abend, wenn draußen alles in schwarze Schleier getaucht war, wenig gemütlich.
,,Kasse stimmt, Feierabend!" rief Dieter seinem Kollegen zu, der gerade die letzte Tomatenkiste reingetragen hatte und die Ladentür zufallen ließ. ,,Puh, diese Kistenschlepperei bekommt meinem Kreuz nicht." ,,Na, komm, komm, es fällt dir schon kein Zacken aus der Krone, wenn du mal ein paar Kisten reinträgst. Sparst Geld fürs Fitneßcenter", ulkte Dieter in fröhlicher Feierabendlaune und zog den weißen Kittel aus. Der Supermarkt wirkte im grellen Neonlicht am Abend, wenn draußen alles in schwarze Schleier getaucht war, wenig gemütlich.
Das Haus ohne Namen
Eine Großstadt. Irgendwo in Deutschland. Eine junge Familie wohnt in einem großen, alten Mietshaus, ohne zu wissen, wer hinter den dunklen Türen und grauen Fenstern lebt. Bis zu dem Tag, als sie den Wohnungsschlüssel vergessen hatte...
Eine Großstadt. Irgendwo in Deutschland. Eine junge Familie wohnt in einem großen, alten Mietshaus, ohne zu wissen, wer hinter den dunklen Türen und grauen Fenstern lebt. Bis zu dem Tag, als sie den Wohnungsschlüssel vergessen hatte...
Auf Wiedersehen, Melanie
Als Melanie geboren wurde, wußten wir es ganz genau: wir wollten sie zum Teilen und zum Verzicht erziehen. Sie war das Nesthäckchen, das ersehnte Mädchen nach vier Jungs; ein rosiges, blond-gelocktes Geschöpf, von dem sogar unser Ältester kaum die Augen abwenden konnte. Es war klar: Melanie stand ein schweres, aber mit Sicherheit ein behütetes, glückliches Leben unter vier Brüdern bevor.
Als Melanie geboren wurde, wußten wir es ganz genau: wir wollten sie zum Teilen und zum Verzicht erziehen. Sie war das Nesthäckchen, das ersehnte Mädchen nach vier Jungs; ein rosiges, blond-gelocktes Geschöpf, von dem sogar unser Ältester kaum die Augen abwenden konnte. Es war klar: Melanie stand ein schweres, aber mit Sicherheit ein behütetes, glückliches Leben unter vier Brüdern bevor.
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